Mehr Nachhaltigkeit austesten
Bauen ist für rund 40 Prozent aller Treibhausgasemissionen verantwortlich. Deshalb stellen sich vor jedem Bauprojekt Fragen wie: Müssen wir wirklich alles abreißen und neu bauen? Oder ist es nicht besser, den Bestand zu untersuchen, zu sanieren und an unsere veränderten Bedürfnisse anzupassen? Jedes Bauwerk erfordert solche Analysen und Entscheidungen, die sich unmittelbar auf die Umwelt auswirken.
Mehr als 500 Millionen Tonnen mineralische Rohstoffe werden in Deutschland verbaut. Jahr für Jahr. Jeder Schritt, diese Stoffe zu dokumentieren, leichter trennbar und wiederverwendbar zu machen, ist ein Schritt in die richtige Richtung. Wir orientieren uns am Konzept des „ökologischen Rucksack“, das der Chemiker Friedrich Schmidt-Bleek 1992 eingeführt hat. Er zeigt die Summe aller Stoff- und Energieströme, die zur Herstellung von Gütern und Dienstleistungen notwendig sind. Die Zahlen sind ernüchternd: Im Durchschnitt schleppt jedes Kilogramm „Produkt“ fast 30 Kilogramm Natur mit sich herum. Je komplexer die Dinge, desto größer der Rucksack. Kein Wunder, dass die Baubranche mit Millionen Tonnen Stahl und Beton eine besondere Verantwortung für die Umwelt trägt. Alte Materialien erstrahlen deshalb in neuem Glanz. Holz zum Beispiel erweist sich als konstruktiver Superwerkstoff.
2012 lautete das Leitmotiv des Deutschen Pavillons auf der Architekturbiennale in Venedig Reduce, Reuse, Recycle". Damit wurde eine Zeitenwende eingeläutet. Als Architekten ist es unsere Aufgabe, die Kreislaufwirtschaft voranzutreiben, auch wenn das zunächst Mehraufwand bedeutet: mehr Informationen über die richtigen Materialien und die geeigneten Strukturen, mehr über den Ort und seine Traditionen, mehr über die Menschen, für die wir bauen. Das ist die Bauwende: Kreislaufwirtschaft/C2C (Cradle to Cradle) im Dienste der Menschen. Schließlich ist Nachhaltigkeit nur so gut wie die Menschen, die Konstruktionen und die Materialien, die wir verwenden.